Timothy Lizotte im Interview

Hallo Timothy, wie geht’s dir? Bist du bislang gesund geblieben?

Ja, ich bin gesund geblieben. Ich habe mich zweimal testen lassen, beide waren negativ. Aber inzwischen kennt man immer mehr Leute, die das Virus hatten.

 Vor kurzem kam die Absage der laufenden Saison – wie hast du darauf reagiert?

Mein erster Gedanke war: Ach, der Spielbetrieb wurde bislang noch nicht abgesagt? Ich wusste gar nicht, dass das noch nicht offiziell ist. Aber es war klar: Normalerweise würden jetzt die Playoffs beginnen, wobei wir noch eine halbe Saison zu spielen hätten. Wir hatten mit dem Thema schon ein bisschen abgeschlossen.

 Die abgebrochene Saison hatte für euch richtig gut angefangen…

Ja, das stimmt. Ich hatte das Gefühl, dass wir in den vergangenen Jahren nicht mehr besser, sondern eher etwas schlechter geworden sind. Das war jetzt anders. Wir sind auch mal als Außenseiter in die Partie gegangen. Das hat uns gutgetan. Vorher hatte man immer dieses Auftreten gespürt, dass wir doch eigentlich zu gut für diese Liga sind. Das haben wir gesagt und gedacht, aber nicht aufs Feld gebracht. Wir haben jetzt einen großen und jungen Kader und dadurch muss jeder sein Bestes geben und an sich selbst arbeiten, denn sonst ist ein anderer Mitspieler da, der den Platz einnimmt.

Wir haben jetzt eine andere, gesündere Mentalität und gehen mit mehr Biss aufs Feld. Denn wir sind nur so gut, wie wir spielen. Das bringt uns auf einen guten Weg. Wir haben auch keine Pflichtsiege mehr gehabt, sondern immer alles gegeben. Ich glaube auch, dass wir genug junges Blut haben, um diesen Trend für die nächsten Jahre zu erhalten.

 Was machst du mit der Zeit, die du sonst für den Floorball investiert hast?

Ich bin im Juni vergangenen Jahres Vater geworden und habe nun viel Zeit, mich um den Nachwuchs zu kümmern. Seit März bin ich in Elternzeit, die noch bis August geht. Im Moment tut es daher gut, an den Wochenenden nicht durch die Republik fahren zu müssen.

 Aber an den Online-Trainings nimmst du teil?

Ja, die Trainings zweimal die Woche mache ich mit. Es ist schön, die Kollegen zu sehen, auch wenn es nur über Zoom ist. Die Gemeinschaft im Team fehlt schon sehr.

 Für einen Torhüter ist es schwierig, alleine zu trainieren. Wie sieht dein Trainingsplan aus beziehungsweise welche Übungen machst du, um nicht einzurosten?

Ich jongliere, werfe den Ball gegen die Wand und fange ihn wieder auf. Wir haben versucht, ein gemeinsames Torhütertraining für zuhause zu entwickeln, doch mit unterschiedlichen Untergründen ist es schwierig.  Matthew hat sich sogar eine Ballschussmaschine gekauft und lässt sich damit zuschießen. Ansonsten gehe ich laufen, um fit zu bleiben. Ich bin sehr gespannt, wie es wird, wenn wir wieder trainieren dürfen und sich die Defizite aufzeigen. Das gute ist, dass wir einen niedrigen Altersschnitt im Team haben. Die jungen Spieler dürften besser aus der Krise kommen als die alten Recken.

 Wie kamst du zum Floorball?

Wie die meisten fing es in einer Schul-AG an im Mixed-Team mit kleinen Toren. Der AG-Leiter hat dann eine Sparte bei der SG Oslebshausen eröffnet und uns eingeladen. Dort habe ich in der U14-Liga angefangen und etwa zwei Jahre dort gespielt, zunächst noch als Feldspieler. Ins Tor bin ich nur aushilfsweise gegangen und habe das wohl ganz gut gemacht. Später übernahm ich bei den 1. Herren den Platz zwischen den Pfosten, du diese Position zu dem Zeitpunkt nicht besetzt war. 2005 wurde ich vom damaligen Eiche-Trainer David Makin zum Training eingeladen und habe auch die kommende Sommervorbereitung mit den 1. Herren bestritten. Zusammen mit Daniel Plate, der aus der Eiche-Jugend kam, habe ich dann einen festen Platz im Kader der Bundesliga Mannschaft bekommen.

 Neben Floorball bist du auch noch in einer anderen Sportart aktiv und erfolgreich. Erzähl doch mal.

Ich habe schon immer gerne hin und wieder Disc-Golf gespielt. Regelmäßig wurde es, seitdem es den Parcours in Woltmershausen gibt.  Meistens als Hobby, aber ich habe auch immer wieder Turniere gespielt. 2018 habe ich bei der ersten Bremer Meisterschaft gespielt und gewonnen. Vergangenes Jahr hat mein Bruder Jason den Titel geholt. Ich war nicht dabei, weil wir mit Eiche am gleichen Tag ein Spiel hatten. Für mich gibt es da eine klare Trennung: Disc-Golf spiele ich aus Spaß, Freude und Entspannung, beim Floorball zählt der Leistungsgedanke.

Richtig erfolgreich im Disc-Golf ist aber mein Bruder Simon. Er hat sich zu einem der besten Spielern der Welt entwickelt. Deshalb ist er dafür in die USA gezogen und verdient dort als Disc-Golf-Profi sein Geld.

 Hast du in den vergangenen Monaten häufiger Disc-Golf gespielt?

Als kontaktfreier Einzelsport im Freien ist Disc-Golf coronakonform, das stimmt. Und der Sport wird deshalb derzeit immer beliebter. Aufgrund der familiären Verpflichtungen habe ich selbst aber nicht mehr als sonst gespielt.

 Drei Torhüter im Team aber nur ein Platz zwischen den Pfosten – wie groß ist da der Wettkampf zwischen euch Kollegen?

Wir hatten die letzten Jahre schon immer mindestens zwei Torhüter und uns als Torwartteam verstanden. Das braucht man auch, um ein vernünftiges Training zu machen. Der, der nicht spielt, ist für den anderen da, um ihn anzufeuern und aufzumuntern. Der Spielanteil wird möglichst gerecht aufgeteilt. Justus als noch recht junger Torhüter wird noch herangeführt und hat eher die unterstützende Rolle, während Matt und ich die ersten beiden Torhüter sind. Er soll bei Gelegenheit seine Einsätze bekommen.

Allerdings war das nicht immer so wie jetzt. Mal wollten die Trainer, mal die Torhüter das anders ausleben. Aber das hat nur für schlechte Stimmung gesorgt.

 Du bist schon lange bei Eiche Horn und hast mit dem Team viel erlebt. An was erinnerst du dich denn besonders gerne zurück?

Es gab für mich zwei große Highlights, die ich nie vergessen werde. Einmal das Pokalspiel gegen MFBC Leipzig, wo wir als Zweitligist den Titelanwärter der 1. Bundesliga in der Verlängerung aus dem Wettbewerb geschossen haben. Das war damals die vollste Halle und das stimmungsreichste Spiel, das ich bisher erlebt habe. Ich bin ehrlich: Mich würde es richtig nerven, auswärts bei Eiche spielen zu müssen, mit den Zuschauern, die einen halben Meter neben dem Feld sitzen und reinbrüllen und dem ganzen Lärm (lacht).

Das andere war beim letzten Aufstieg, kurz vor meinem Auslandssemester, als wir DHfK Leipzig in der Relegation in zwei Spielen besiegten. Beim ersten Spiel im Leipzig war die halbe Abteilung mitgekommen, um uns zu unterstützen. Louis Schaidl hat damals das Spiel seines Lebens gemacht und alles gehalten, was es ging. Dann ging es ins Penaltyschießen und da ich den Ruf habe, ein Händchen dafür zu haben, bin ich reingekommen. Nur für die fünf Minuten am Ende. Ich habe bis auf einen alle gehalten, wir habe zwei verwandelt und gewonnen. Beim Rückspiel in Horn hatten wir eine dementsprechend breite Brust, ließen Leipzig keine Chance und haben sie aus der Halle gefegt. Anschließend haben wir mit allen eine große Aufstiegsparty gefeiert.

 Und was war der bisher größte Tiefpunkt?

Das war der erste Abstieg aus der 1. Bundesliga. Ich war als ich als junger Torhüter in eine etablierte Mannschaft gekommen, die regelmäßig um die Playoffs mitspielte. Als ich den Platz zwischen den Pfosten übernahm, war das Abenteuer plötzlich vorbei und Eiche musste runter in die zweite Liga. Das ging einem schon richtig nah, weil man sich eingestehen musste, das war einfach nicht gut genug. Das war richtig brutal.

 Du bist, wenn die Saison läuft, auch für die Spieltagshefte verantwortlich. Seit wann?

Vor ca. zehn Jahren habe ich die Aufgabe übernommen. Damals gab es noch kein Konzept und fest verteilte Rollen, inzwischen baue ich die Ausgabe nur noch zusammen und hier und da noch einen kleinen Insiderwitz ein.  Dafür brauche ich, wenn es gut läuft, zweieinhalb Stunden, wenn es Probleme gibt, sind es eher vier bis sechs Stunden. Über die Jahre ist es immer weniger Arbeit geworden, aber wahrscheinlich noch immer mehr, als ich müsste. Ich habe auch schon überlegt, die Aufgabe abzugeben, um mal ein Heft in den Händen zu halten, das nicht von mir ist.

 Du warst auch mal Trainer der zweiten Herren. Wie siehts mit einem Trainerjob in der Zukunft aus?

Gegen Ende meines Studiums habe ich als Trainer aufgehört, um mich auf meinen Abschluss zu konzentrieren und ins Berufsleben zu starten. Von der Arbeit her, eine junge Mannschaft weiterzuentwickeln, hat mir das schon sehr viel Spaß gemacht hat. Die Spieler haben sich weiter- und gegen manche Teams kleine Rivalitäten entwickelt. Da habe ich auch am Seitenrand total mitgefiebert. Ich habe mir schon Gedanken gemacht und kann mir gut vorstellen, wieder eine Mannschaft im Jugendbereich zu übernehmen und zu begleiten. Jetzt gerade ist die Zeit sehr knapp, weshalb es in den nächsten paar Jahren wohl eher nichts wird. Aber es ist nicht ausgeschlossen.

 

Das Gespräch führte Philipp Johannßen.

Philipp Johannßen, Jahrgang 1989, kam 2010 zum TV Eiche Horn und spielte dort erstmals im Verein Floorball. Bis 2014 spielte er bei der zweiten Mannschaft im Kleinfeld und im Großfeld. Anschließend verließ er berufsbedingt die Stadt, aktuell wohnt er in Mannheim, wo er auch seine neue Floorball-Heimat gefunden hat. Er arbeitet als Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und hat sich bereiterklärt monatlich ein Interview mit einem Mitglied unserer Abteilung zu machen.